Internationaler Zahlungsverkehr – in Zukunft überall verfügbar

Nicolas Cailly (Managing Director Payments & Cash Management) und Frantz Teissèdre (Head of Interbank Relationships) von Societe Generale über  Herausforderungen, die im internationalen Zahlungsverkehr noch zu meistern sind.

Angetrieben durch die Entwicklung des internationalen Handels, Bedürfnisse von Verbrauchern und Unternehmen, neue Technologien und digitale Transaktionen, scheint globaler Zahlungsverkehr unaufhaltsam. Alle Beteiligten (Banken, Unternehmen, Privatpersonen) greifen rund um die Uhr über die verschiedensten Medien bei vollständiger Konnektivität auf ihre Banksalden zu und führen Transaktionen durch (Geld versenden und empfangen). Das Smartphone ist ein perfektes Beispiel dafür: Nutzer können damit jederzeit und überall Bankdienstleistungen in Anspruch nehmen. CFOs und Treasurer wollen beruflich natürlich den gleichen Service nutzen wie privat.

Welche Hindernisse gilt es zu überwinden?


Heute sind nicht alle Akteure rund um die Uhr und in Echtzeit erreichbar. Der Zahlungsverkehr nutzt nach wie vor überwiegend das Batch-Buchungsverfahren der Banken, und Kapital- und Devisenmärkte sind nicht durchgehend geöffnet. Internationale und nationale Marktinfrastrukturen müssen sich anpassen und miteinander vernetzen, um Zahlungen in Echtzeit ausführen zu können. So wie auch die Devisenmärkte, wenn sie rund um die Uhr zugänglich sein sollen – zum Beispiel durch die Nutzung der technischen Möglichkeiten von Blockchain und API-Konnektivität.

Die größte Herausforderung bei der Ausführung von Zahlungen ist heute jedoch juristischer Natur und hängt mit dem legitimen Bedürfnis zusammen, die Rechtmäßigkeit von Transaktionen zu überprüfen. Das Problem besteht in den  geltenden Vorschriften einzelner Staaten, die nicht aufeinander abgestimmt sind, einschließlich der Analyse der Zahlungsströme und der Compliance. Inner-europäische Transaktionen, die als Euro-Sofortzahlungen durchgeführt werden, werden gefiltert und manchmal gestoppt, was je nach Markt zur Ablehnung von fünf bis zehn Prozent der Transaktionen führen kann. Nur ein starker politischer Wille zur Harmonisierung der Filtering-Regeln kann hier Abhilfe schaffen. In Europa finden bereits Diskussionen im Zusammenhang mit Instant Payments statt, an denen Société Générale aktiv im Rahmen des European Payment Council und verschiedener Arbeitsgruppen unter der Leitung der Europäischen Zentralbank beteiligt ist. Die European Payments Initiative* zielt darauf ab, eine europaweit einheitliche und innovative Zahlungslösung für Verbraucher und Einzelhändler zu schaffen. Ziel ist es, einen neuen Standard alternativ zu den bestehenden internationalen Kartenzahlungslösungen und -systemen zu schaffen. Europa behält also die Hoheit in diesem Bereich. Ein erster Dienst soll bis 2022 und die vollständige Lösung bis 2025 verfügbar sein.

Paradigmenwechsel


Die Entwicklung hin zu Echtzeit-Zahlungen rund um die Uhr ist ein echter Paradigmenwechsel für Treasurer, der einen sicheren Rahmen braucht. Das gesamte Cash-Management verändert sich, was eine strukturelle Überarbeitung der Prozesse und möglicherweise der ganzen Organisation des Unternehmens nach sich zieht. Angesichts der reichlich vorhandenen und kostengünstigen Liquidität halten Treasurer Echtzeit-Prozesse für nicht so ausreichend wichtig, dass sie die dafür erforderlichen Investitionen einplanen würden. Damit stehen sie oft im Gegensatz zum Unternehmensmanagement, das hier je nach Tätigkeitsfeld eventuell Wettbewerbsvorteile sieht und auf eine schnellere Anpassung drängt. Dahingehend wirkte die Corona-Krise wie ein Digitialisierungs- und Transparenzbeschleuniger. Die Priorität der Banken bestand darin, den Unternehmen Zahlungen zu ermöglichen. So hat Societe Generale innerhalb von nur vier Wochen seinen Kunden weltweit elektronische Unterschriftsoptionen für Zahlungen und Cash Management über sein SG Markets Portal zur Verfügung gestellt.

Für Treasurer in Banken bedeuten Echtzeitprozesse, sich zukünftig nach dem „Follow the Sun“-Prinzip zu organisieren und Büros in Asien, Amerika und Europa zu unterhalten, die rund um die Uhr finanzielle Transaktionen ermöglichen. Darüber hinaus gibt es Rahmenbedingungen für das Liquiditätsmanagement, um den Zahlungsverkehr der Kunden sicherzustellen. Während Banken über statistische Modelle und Sicherheitspuffer verfügen, um Liquiditätsspitzen aufzufangen, besteht das Risiko für Bank-Treasurer, die Kontrolle über diese Liquidität zu verlieren, da Zahlungen zukünftig jederzeit von jedem veranlasst werden können. Die Behörden könnten daher verlangen, dass die Liquiditätspolster erhöht werden, damit bestimmte Stressszenarien aufgefangen werden können. Der Trend zu Zahlungen rund um die Uhr und in Echtzeit wird im internationalen Zahlungsverkehr beträchtliche personelle und technische Investitionen nach sich ziehen, was im Widerspruch zum Anspruch steht, die Kosten für grenzüberschreitende Zahlungen zu senken.

Zahlungsverkehr am Scheideweg?


Als einer der führenden Zahlungsverkehrsdienstleister in Europa hat Societe Generale das Transaktionsbanking (Korrespondenzbanking, Zahlungsverkehr, Trading) zu einer strategischen Aktivität und einem wachstumsstarken Kompetenzbereich ausgebaut. Dafür werden erhebliche finanzielle Mittel bereitgestellt. Im Bereich der Sofortzahlungen ist die Bank an allen ihren Standorten in der Eurozone und im Vereinigten Königreich präsent. In Frankreich hat sie einen Marktanteil von mehr als 20 Prozent. Darüber hinaus investiert Société Générale weiterhin in den SWIFT-gpi-Dienst, mit dem sie 60 Prozent ihrer grenzüberschreitenden Überweisungen in weniger als 30 Minuten verbuchen kann. Seit der Einführung dieses Dienstes im Jahr 2017 hat Societe Generale die gpi-Qualitätsindikatoren hundertprozentig erfüllt. Damit hebt sie sich von anderen Banken ab und erfüllt die derzeitigen Erwartungen von Kunden und Behörden, insbesondere in Bezug auf Schnelligkeit und Transparenz.
Der Zahlungsverkehrsmarkt befindet sich im Wandel. Dieser Wandel verlangt von den Banken Jahr für Jahr immer mehr Investitionen, damit sie wettbewerbsfähig bleiben. Dies kann zu einer Polarisierung im Sektor führen. Die großen globalen Zahlungsverkehrsdienstleister werden weiterhin jedes Jahr dreistellige Millionenbeträge investieren. Wegen der großen Volumina schaffen sie es dennoch, dabei rentabel zu agieren. Alle, die diese kritische Masse nicht erreichen, werden sich wahrscheinlich den großen Playern anschließen müssen.

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