Corporate Treasury in Afrika: Gewusst wie

Während China in den letzten Jahren in den afrikanischen Ländern massiv investiert hat, wächst die Präsenz europäischer Unternehmen nur langsam. Zwar sind große europäische Konzerne aus Branchen wie Automobil, Elektronik, Energie oder Bau bereits in mehreren Märkten aktiv. Allerdings flossen aus den größten europäischen Investorenländern Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Schweiz und Spanien zusammen zwischen 2014 und 2018 nur rund 70 Milliarden Euro nach Afrika – und damit weniger als das allein von China investierte Volumen1. Bislang kamen ausländische Direktinvestitionen vor allem Südafrika, Ägypten oder Marokko zugute.

Dabei bietet Afrika mit seinen 54 Ländern und zahlreichen Ressourcen das Potenzial, zu einer der größten Wachstumsregionen der nächsten Jahrzehnte zu werden. Ein paar Zahlen belegen2 dies: So wird sich die Bevölkerung und damit die Anzahl zukünftiger Verbraucher bis 2050 voraussichtlich auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Fünf der zehn größten Mega-Cities der Erde werden bis zum Ende des Jahrhunderts in Afrika liegen, woraus sich ein enormer Bedarf für die Infrastrukturversorgung ergibt. Und schon heute haben 93 Prozent der Menschen in Afrika Zugang zu Mobilfunknetzen und leben die Digitalisierung in ihrem Alltag. Das Bezahlen mit dem Mobiltelefon revolutioniert das Konsumverhalten und ermöglicht zum einen neue Geschäftsmodelle, etwa im Gesundheitswesen oder der Logistik. Zum anderen kann es Unternehmen die bargeldlose Gehaltszahlung erleichtern, denn in zahlreichen afrikanischen Ländern verfügen 80 bis 90 Prozent3 der Menschen über kein eigenes Bankkonto. Dazu bietet etwa Société Générale in aktuell sieben Ländern südlich der Sahara über ein Partnernetzwerk aus Tankstellen und Händlern eine eigene Mobile-Banking-Lösung namens YUP an, die in Zusammenarbeit mit französischen und afrikanischen Start-Ups entwickelt wurde.

Wer die Chancen Afrikas unternehmerisch nutzen will, sollte vor allem zwei Grundsätze beachten: Erstens lokale Präsenz: Die Anwesenheit am gewählten Standort und der Aufbau eines lokalen Netzwerks von Ansprechpartnern ist nicht nur für die Firmen selbst wichtig, sondern auch für ihre Partner im Zahlungsverkehr. Internationale Banken sind dabei typischerweise stärker auf die Bedürfnisse von Firmenkunden ausgerichtet als lokale Anbieter. Bei ihnen finden europäische Kunden außerdem eher die eigenen Service-Vorstellungen wieder. Société Générale verfügt über ein in vielen Jahren etabliertes Netzwerk von Banken in den ehemaligen französischen Kolonien und ist heute – häufig als Marktführer – mit mehr als 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 19 Ländern in West-, Zentral- und Ostafrika vertreten. Durch die 2019 geschlossene Kooperation mit dem südafrikanischen Finanzdienstleister ABSA werden insgesamt 27 Länder abgedeckt.

Entscheidend ist das Know-how vor Ort

Zweitens ein gewisses Maß an Geduld: Gerade für europäische Unternehmen sind die bürokratischen Strukturen an den afrikanischen Märkten häufig ungewohnt und auch unsicher. Die Regulierung ist – insbesondere was das Devisenmanagement angeht – deutlich stärker ausgeprägt als in Europa. Ein freier grenzüberschreitender Zahlungsverkehr ist nicht vorstellbar, sondern muss mit Warenlizenzen, Rechnungen oder ähnlichen Dokumenten unterlegt werden. Auch die Unterhaltung von Fremdwährungskonten ist in vielen Ländern schwierig, da spezielle Zentralbanklizenzen nötig sind. Zu den größten Problemen, mit denen Unternehmen in Afrika konfrontiert sind, zählt die Abwicklung internationaler Transaktionen und das Inkasso im Inland4. Lokal vernetzte, internationale Banken können Unternehmen schon in ihrem Heimatmarkt dabei beraten, wie Interaktionen mit den Behörden in den verschiedenen afrikanischen Ländern zu gestalten sind, um die regulatorischen Hürden zu bewältigen. Das Spektrum reicht von verschiedenen Cash-Management-Tools über die Vermittlung von Kontakten zu den relevanten Entscheidern vor Ort bis hin zu Zahlungsgarantien, wenn sich Unternehmen um Regierungsaufträge bewerben.

Doch auch wenn Unternehmen in einigen afrikanischen Ländern der Markteintritt noch erschwert wird, sind inzwischen viele Regierungen bereit zu Reformen – sei es bei der Schaffung eines besseren Geschäftsklimas, beim Erwerb von Immobilien oder Land, bei der Dauer bürokratischer Prozesse oder bei der Durchsetzbarkeit geschlossener Verträge. Dazu kommt die wachsende regionale Integration. Mit der pan-afrikanischen Freihandelszone AfCFTA5 wird in den nächsten Monaten und Jahren ein gemeinsamer Markt für 1,3 Milliarden Menschen entstehen. Bereits jetzt existieren die beiden Wirtschafts- und Währungsunionen WAEMU für Westafrika und die CEMAC Zone für Zentralafrika. Innerhalb dieser Zonen kooperieren die Länder grenzüberschreitend beim Zahlungsverkehr, und es gibt einheitliche Kreditlinien.

Die Corona-Krise hat auch die afrikanischen Volkswirtschaften getroffen und das vielerorts dynamische Wachstum zuletzt abgebremst. Immerhin scheint das Virus die überwiegend junge Bevölkerung des Kontinents weniger zu schwächen als in den Industrieländern. Die Prognosen für 2021 gehen deshalb überwiegend von einer Erholung der Konjunktur aus. Für Unternehmen kommt es nun auch darauf an, Afrika in der aktuellen Phase die Stange zu halten und die langfristigen Wachstumschancen zu erhalten. Denn gerade europäisches Know-how hat – trotz der sehr starken Konkurrenz aus Asien – nach wie vor einen hohen Stellenwert.

 

Quellen

1 Europäisches Parlament (2020). A Comprehensive EU Strategy for Africa - Trade and Investments. Abgerufen am 25.11.2020 von https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2020/603509/EXPO_BRI(2020)603509_EN.pdf

2 Germany Trade and Invest (2020). Afrika Der Kontinent ist im Kommen! Abgerufen am 25.11.2020 von https://www.gtai.de/resource/blob/178090/dbde2a963103fa95434f24b032dcd267/pub201910298000-21160-fact-sheet-afrika-der-kontinent-ist-im-kommen--data.pdf

3 Société Générale (2020). Abgerufen am 25.11.2020 von  https://societegenerale.africa/en/innovative-bank/alternative-banking-models/yup/

4 Wright, Gilly (6. März 2020). Africa: Innovation Imperative. Global Finance. Abgerufen am 25.11.2020 von https://www.gfmag.com/magazine/march-2020/africa-innovation-imperative

5 PwC (2020). COVID-19 and the African Continental Free Trade Area Agreement. Abgerufen am 25.11.2020 von https://www.pwc.com/ng/en/pdf/covid19-key-considerations-afcfta.pdf